Bio-Milch … kann mehr!

2020. Sebastian Lück, Mit-Gründer der bio-zertifizierten Weimarer Bäckerei „Brotklappe“, begibt sich auf die Suche nach neuen regionalen Getreidelieferanten. Er hat von Gäa-Beraterin Ute Baumbach erfahren, dass das Landgut Weimar auf biologische Bewirtschaftung umstellt. Beim Besuch des Kuhstalls in Schoppendorf entstand die gemeinsame Idee: Was wäre, wenn die künftige Bio-Milch lokal in Weimar verarbeitet werden könnte?

 

2022. Die Brotklappe Weimar, die Landgut Weimar Bio GmbH und die Gäa e.V. Vereinigung ökologischer Landbau haben aus der Idee ein gemeinsames Projekt gemacht und Visionen entwickelt: Sie möchten richtig guten! Käse in feinster Handwerkstradition herstellen und regional vermarkten. Und die Rohstoffe? Bio-Milch gemolken von Kühen, die mit hofeigenem Futter versorgt werden und viel Weidegang im Landgut Weimar erhalten. Dabei soll es um mehr gehen als unbeschwerten Genuss: geschaffen werden soll die Grundlage für eine wirtschaftlich auskömmliche und nachhaltige Kuhhaltung, den Erhalt einer vielfältigen Landschaft und regionalen Wirtschaft verbunden mit Bildung einer Wertegemeinschaft aus Erzeuger*innen, Verarbeiter*innen und Verbraucher*innen. Dafür beginnen sie mit der Planung einer Bio-Molkerei in Weimar.

Die Bio-Molkerei wird als Genossenschaft organisiert. Jede Bürgerin und jeder Bürger darf sich daran beteiligen. Im Zuge des ELER-geförderten Projekts „Bio-Milch … kann mehr“ nimmt die Realisierung des Vorhabens immer weiter Gestalt an.

 

Hierzu haben wir den Projektakteur*innen einige Fragen gestellt:

 

Wie kam es zur Kooperation zwischen der Brotklappe, der Landgut Weimar Bio GmbH und der Gäa e.V.?

Die spontan entfachte Begeisterung von Sebastian Lück bei der ersten Begegnung mit Landwirtin Sylvia Gengelbach und den Kühen im Schoppendorfer Stall lies in vielen Gesprächen ein gemeinsames Bild der regionalen Verarbeitung des wertvollen „weißen Goldes“ entstehen. Wenngleich die Partner doch recht unterschiedlich sind. Sebastian, selbst Bäcker und bisher „nur“ passionierter Käseliebhaber, hat schon immer ein untrügliches Gespür für gute Lebensmittel und deren hohe Anforderungen an die Herstellung. Mehr als einmal gelang es ihm, wirtschaftlich funktionierende Betriebe aufzubauen, welche hochwertige Produkte mit wenig Kompromissen herstellen. Dieses Talent darf nun der Weimarer Bio-Milch eine tragfähige langfristige Basis liefern und Genuss mit Nachhaltigkeit in der Region verbinden.

Gelingt dies, sind die langjährigen Sorgen von Sylvia Gengelbach und der neuen Betriebsleiterin Hannah Scharfstädt um den Erhalt des für heutige Verhältnisse kleinen Milchviehbestandes von 150 Kühen endlich Vergangenheit. Aktuell wird die wertvolle Bio-Milch mangels regionaler Verarbeitung nach Bayern geliefert – das schadet nicht nur der Qualität, sondern widerspricht den Ansprüchen an Regionalität. Als langjähriger Milchviehbetrieb mit hohem Anspruch an Tiergerechtheit gelingt der Schritt in die ökologische Erzeugung mit einer hohen Motivation und treibt unseren Betrieb weiter an mit Diversifizierung und dem standortgerechten Wirtschaften Produkte aus, mit und für die Region herzustellen.

Unterstützt wird die Umstellung auf ökologische Bewirtschaftung und den Einstieg in die ökologische Käseverarbeitung von Gäa e.V.. Dieser vielfältige Anbauverband verfügt über eine langjährige Erfahrung in der Öko-Zertifizierung sowie der Zusammenarbeit mit Landwirten und Verarbeitern und dient im Projekt als Vernetzer, Ideengeber und einer zusätzlichen fachlichen Expertise.

 

Welche Produkte soll es in Weimars erster Bio-Molkerei geben?

Die ersten Produkte aus unserer „Testküche“ versprechen eine Vielfalt und besonderen Geschmack. Wichtig ist uns bei der Herstellung die Erhaltung der wertvollen Inhaltsstoffe aus der Bio-Milch – das heißt kurze Wege, wenige Verarbeitungsschritte und der Einsatz natürlicher Verfahren. Wir wünschen uns eine Produktpalette aus Trinkmilch, Butter, Joghurt und natürlich hochwertigen Käsespezialitäten.

 

Was ist euer Anspruch?

Die Werte der Erzeugung sollen sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette ziehen. Das heißt ökologische Erzeugung der Milch, viel Weidegang, kuhgerechte Ernährung, Vermeidung von unnötigen und langen Transporten, Zutaten aus der Region, regionale Rindfleischvermarktung (denn Milch und Fleisch gehören zusammen), Einbindung des Verbrauchers in die ökologischen Themen. Denn Qualität heißt für uns auch Ethik – Wohl der Tiere, Schutz der Umwelt und Schaffung von Wertschätzung für Landwirtschaft und Handwerk. Transparenz und die Einbindung der Verbraucher sind für uns für eine stetige Weiterentwicklung essenziell.

 

Gibt es schon einen Namen für die Molkerei?

Als Arbeitstitel haben wir „Bürgermolkerei“ gewählt. Es steht für die genossenschaftliche Mitbestimmung. Jede und jeder soll sich angesprochen fühlen.

 

Wann soll die Molkerei an den Start gehen?

Unsere Vision ist, 2024 den ersten Spatenstich vorzunehmen. Bis dahin ist noch viel zu tun.

 

Welche Vorteile gibt es, wenn man eurer Genossenschaft beitritt?

In erster Linie das Recht auf Mitbestimmung, z.B. beim Mitgestalten der Preisstruktur oder bei der Planung der Molkerei. Uns schwebt ein einladendes Außengelände vor, wo Familien einen Nachmittag verbringen können: der Besuch der Molkerei als Erlebnis. Außerdem wünschen wir uns eine „gläserne“ Molkerei, in der man uns bei der Produktion über die Schulter schauen kann. Uns ist wichtig, dass bei den Mitgliedern der Genossenschaft ein Gefühl der Verbundenheit entsteht, dass sie selbst mithelfen/mitarbeiten können. Es geht darum, gemeinsam neue Wege zu gehen und etwas Neues zu schaffen. Aus diesem Grund haben wir einen systemischen Ansatz gewählt. Dieser gibt uns die Möglichkeit, ohne bestehende Erfahrungen sinnvolle Lösungen zu finden. Natürlich wird es für die Mitglieder auch Einkaufsvorteile geben.

 

Und welche Vermarktungswege wollt ihr dabei beschreiten?

Unser Ziel ist die Vermarktung in der Region. In der Molkerei soll es einen Laden geben. Außerdem wollen wir die vorhandenen regionalen Vertriebswege der Brotklappe nutzen und auch für diese selbst benötigte Milch, Butter und Käse liefern.

 

Sie sind neugierig geworden? Möchten Sie mehr erfahren und wissen, was Bio-Milch alles MEHR kann? Dann melden Sie sich auf der Webseite www.bio-milch-kann-mehr.de  für den Newsletter an.

 

Wir danken für das Gespräch!